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2017-12 "Stadt hat es versäumt, für Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen"

Interview: Nico Fliegner, LVZ 20. Dezember 2017.

Carsten Ott (53) von der Bürgerinitiative Pro Schondorfer Mark kritisiert die geplante Edeka-Ansiedlung

Die Bürgerinitiative Pro Schondorfer Mark kämpft seit 2016 für den Erhalt und die weitere Belebung des ehemaligen Marktkauf-Standortes in Eilenburg. Ihr gehört Carsten Ott an. Wir sprachen mit ihm zu dem Thema.

Warum ist Ihnen wichtig, dass der Handelsstandort wiederbelebt wird?
Er hat fast 20 Jahre lang dazu beigetragen, dass neben zahlreichen Eilenburger Bürgern auch die Bewohner der angrenzenden Gemeinden mit einem umfassenden Sortiment weit über ein Grundangebot versorgt waren. Es gab ein Einkaufsgebiet der kurzen Wege, das auch mit Eröffnung der Umgehungsstraße nicht an Attraktivität verloren hat. Noch vor wenigen Jahren gab es an dem Standort für mehr als 100 Mitarbeiter gut bezahlte Arbeitsplätze, die das Einkommen einiger Familien sicherten. Der Standort zeichnet sich auch heute noch aus durch eine hervorragende Infrastruktur, 650 Parkplätze und Platz für ergänzende Angebote wie Imbiss, Bäcker und Blumengeschäfte. Der bis heute verbliebene Baumarkt und das Optikgeschäft haben sich trotz Schließung des Marktkaufs nicht umorientiert und werden von den Kunden unverändert gut frequentiert. Warum also soll dieser Standort nicht mehr kundengerecht sein?

Was haben Sie als Bürgerinitiative für den Erhalt getan?
Wir haben Kunden und Bürger aus Eilenburg und Umgebung befragt und hatten innerhalb kurzer Zeit 2000 Unterschriften für den Erhalt des Standortes Schondorfer Mark gesammelt. Diese Unterschriften haben wir in der Stadtratssitzung an den OBM übergeben. Bis heute ist für uns nicht erkennbar, welchen Stellenwert diese Bürgermeinungen für den OBM und die Stadtverwaltung haben.

Was hat Ihr Einsatz gebracht?
Aus unserer Sicht hat die Stadtverwaltung versäumt, vor den Stadtratsbeschlüssen zum Verkauf des Grundstückes an der Ziegelstraße an Edeka und der Verplanung des gewünschten Kaufpreises für eine Akzeptanz ihres Vorhabens in der Bevölkerung zu sorgen. Durch den Druck, den wir als Bürgerinitiative auf die Stadtverwaltung und die Stadträte ausgeübt haben, ist nun zumindest mit der Erstellung eines Gutachtens zur Raumverträglichkeit ein Schritt in diese Richtung gemacht worden. Unser Ziel ist es nach wie vor, dass die Landesbehörde eingeschaltet wird und darauf achtet, dass Eilenburg seiner Aufgabe als Mittelzentrum gerecht wird. Auf Nachfrage bei der Landesbehörde wurde uns mitgeteilt, dass das Gutachten zur nächsten Stadtratssitzung im Februar 2018 ausgewertet wird.

Warum können Sie sich nicht mit der Edeka-Ansiedlung im Stadtzentrum anfreunden?
Zum einen können wir nicht nachvollziehen, wie Fördergelder für die Schaffung einer Infrastruktur ausgegeben werden können, um dann einige Jahre später diese Infrastruktur brachliegen lassen. Fördergelder sind Steuergelder! Des Weiteren ist aus unserer Sicht die Anstrengung für eine vernünftige Verkehrsanbindung in der Ziegelstraße einfach viel zu groß, denn durch die Flutbrücke sind hier Grenzen gesetzt. Wir machen uns Gedanken um unsere Schüler, die Richtung Eilenburg-Ost unterwegs sind, und sehen dort ein großes Verkehrsrisiko. Es besteht aus unserer Sicht die Gefahr, dass wieder vermehrt Autos und Anlieferfahrzeuge durch die Stadt fahren. Außerdem wird aus unserer Sicht nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Fläche an der Ziegelstraße zum überschwemmungsgefährdeten Gebiet zählt. Hier gehen wir von Gefahren für die Bewohner in der Karl-Marx-Siedlung aus.

Wie beurteilen Sie die Politik der Stadt?
Im Januar 2015 wurde von der Firma Edeka eine offizielle Kaufanfrage für das Gebiet an der Ziegelstraße gestellt. Bereits zum Zeitpunkt der Kaufanfrage war Edeka als Inhaber von Marktkauf noch Mieter an der Schondorfer Mark. Hier liegt der Verdacht nahe, dass die Stadtverwaltung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit dem Standort an der Schondorfer Mark plante, sondern den lukrativen Verkauf eines städtischen Grundstücks bevorzugte. Die Stadt möchte mit der Ansiedlung des Edeka den Einzelhandel stärken. Wir erwarten genau das Gegenteil. Die wenigen Händler, die es in der Innenstadt noch gibt, werden nicht von der Ansiedlung profitieren. Wir befürchten, dass es ein weiteres Sterben der Einzelhandelsgeschäfte geben wird.